Journal
Das Bedürfnis, sich in vorauseilendem Gehorsam für Selbstverständliches entschuldigen zu müssen, scheint, wenn man eine neuere Publikation aufschlägt, allgemeine Praxis geworden zu sein. Daher sehe auch ich mich zu einer Erklärung genötigt:
Die Klarheit meiner Darstellung, Textfluss und Lesbarkeit, sind mir ein inneres Bedürfnis. Dennoch mag ich nicht auf einige Gewohnheiten verzichten. Hierzu gehören gelegentliche Nebensätze ebenso wie der Gebrauch des Genitivs und - man möge mir verzeihen - des generischen Maskulinums. Um Missverständnissen vorzubeugen, erkläre ich hiermit, dass ich mich ungeachtet meiner Ausdrucksschwächen uneingeschränkt an alle Leser richte, Frauen wie Männer und alle dazwischen, Blonde, Rothaarige, Brünette, Schwarzhaarige und gänzlich Haarlose sowie Schwule und Lesben und ja, auch Heteros.
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Als Student glaubte ich an die Vorherrschaft des Intellekts im Berufsleben, beschäftigte mich mit quantitativen Methoden und dachte, dass a+b immer c ist. Jetzt, einige wenige Jahrzehnte weiter, bin ich, wie einst Adenauer von sich sagte, "klüscher" geworden. Die Berufserfahrung (überwiegend im Bereich Projektsteuerung im Bauwesen im In- und Ausland) hat mich eines Besseren belehrt. Menschen sind eben keine Rechenmaschinen und meistens werden Sach- und Fachentscheidungen durch menschlich-emotionale, zum Teil unbewusste Motive überlagert. Ganz besonders trifft dies natürlich zu, wo Menschen unterschiedlicher Charaktere und kultureller Hintergründe aufeinander treffen, um ein wie auch immer geartetes Projekt zu verwirklichen. Ich habe Projekte erlebt, die offenbar in Ressourcen schwammen und nicht funktionierten und solche, die nicht zu bremsen waren trotz Knappheit an Geld, Personal und Ausstattung. Heute weiß ich, dass a+b auch d, e oder f sein kann, und dass es außer Kopf auch Bauch gibt. Die Konsequenz, die ich für mich hieraus gezogen habe heißt: Situationsbedingtes Handeln anstelle stereotyper Verhaltensmuster.
Deswegen ist diese Sammlung von Ereignissen und Anekdoten aus meinem beruflichen Umfeld auch kein Kompendium der Projektsteuerung mit systematischer Struktur und wissenschaftlichem Anspruch, sondern eine Sammlung subjektiver Erfahrungsberichte, bei denen der Mensch im Vordergrund steht. Die geschilderte Episoden aus dem wirklichen Leben sollen Spaß machen zu lesen und anregen über die Hintergründe eigener Erfahrungen nachzudenken. Sie sollen Mut machen zum Mut und zur Authentizität. Vor allem aber soll deutlich werden, dass es hinter den kalten Fakten immer Menschen sind, die entscheiden, Menschen, die nicht immer klar erkennen lassen, warum sie so handeln wie sie handeln, Menschen mit Zielen, Ehrgeiz, Komplexen, Humor. Auch wenn einige der Fehler, die ich mir im Berufsleben geleistet habe, durchaus Unterhaltungswert besitzen, hatten sie doch für mich immer einen Lerneffekt. Daher steht am Ende eines jeden Artikels ein manchmal augenzwinkerndes “Wat lernt uns das?”
Meine Botschaft: Ohne soziale Kompetenz gibt es keine wirkliche Fachkompetenz!
Da es sich bei den geschilderten Situationen durchweg um reale Ereignisse handelt, habe ich mit Rücksicht auf die Privatsphäre der betroffenen Menschen – soweit nicht ausdrücklich das Gegenteil erwähnt wird – die Namen von Personen, Orten und Projekten verändert. Namensähnlichkeiten sind daher zufällig und nicht beabsichtigt.